Heraldik am Schloss und im Garten (Rudolf Brock)

Schon aus früheren Epochen ist das Bemühen von Personen, Geschlechtern oder Körperschaften, sich bleibende Abzeichen zu schaffen, bekannt. Sehr bald gab es bestimmte Regeln, nach denen solche angefertigt, und besondere Berechtigungen, nach denen sie geführt wurden. Alte Zeichen dieser Art sind Stadtsymbole, die man bereits auf griechischen Münzen findet, oder etwa germanische Hausmarken. Letztere gehören, zumindest im engeren Sinne, nicht zur eigentlichen Heraldik, d. h. der Kunst, ein Wappen zu erstellen und zu blasonieren (beschreiben). Regeln gibt es nicht allein für die Anfertigung, sondern auch für die Führung von Wappen; nur diese gehören zur Heraldik.

Dabei stammt der Name Wappen von »Waffe«. Solche Wappenbilder werden schon im 12. Jahrhundert auf der Fahne, dem Waffenrock (Wappenrock), dem Schild oder der Pferdedecke angebracht. Die Geschichte dieser Zeichen lehrt, dass eigentliche Wappen erst mit den Kreuzzügen aufgekommen sind. Seit dieser Zeit, heißt es, sei auch der Schild der eigentliche Träger des Wappenbildes. Bis ins 16. Jahrhundert wird der Schild wirklich getragen; später ist er nurmehr Bildgrund und überwiegend von optischer Bedeutung. Diese – nämlich Träger des heraldischen Bildes zu sein – hat er bis heute gehalten.

Alle aufsitzenden Familien und Geschlechterfolgen des Schlosses Berge führten Wappen, und das des letzten adligen Besitzers, des Grafen von Westerholt-Gysenberg einerseits, und des gegenwärtigen, der Stadt Gelsenkirchen andererseits, sollen hier blasoniert werden. Das Stadtwappen sieht man im Sommer auf einem großen, runden Beet an der Südseite des Schlosses, gewachsen aus lebendigen Blumen. Das gräfliche Wappen befindet sich an der Balustrade vor dem Mansarddach des Mittelbaus. Der Schild wird heraldisch in »Plätze« unterteilt. Man spricht dann von »Heroldstücken«, und die einzelnen Plätze werden durch ihre Stellung bezeichnet und gezählt. Man zählt im heraldischen Sinne; d. h. man denkt sich selbst als hinter dem Schild stehend. So gesehen ist z. B. die vom Betrachter des Wappens linke Seite desselben die rechte und umgekehrt. Das Zählen der Plätze bzw. die Blasonierung des Wappens beginnen also im rechten Obereck (links vom Betrachter).

Der Schild ist »geviert« und an der Herzstelle mit einem ebenfalls gevierten Herzschild belegt. Auf dem Schild steht anstelle einer Helmzier, wie sie das Original zeigt, lediglich eine »Rangkrone«. Hier ist eine sog. Grafenkrone, erkennbar an ihren 9 sichtbaren Perlenzinken (insgesamt 16). Die Schildteilung ermöglicht eine Vermehrung des Wappens. Diese geschieht, wenn gewisse Besitzungen hinzuerworben wurden und ihr bisheriges Wappen mitbrachten. Heirat oder Erbschaft, Belehnung oder Dotation durch den Landesherrn, gelegentlich auch Kauf waren die Ursache hierfür. Veränderungen, die mit Vermehrungen und auch Rangerhöhungen verbunden sind, heißen »Besserungen«. Der gold-schwarz gevierte Schild zeigt im ersten und vierten Platz in Gold drei hintereinandergehende schwarze Vögel (Amseln), linksgewendet und mit roten Augen und Füßen. Sie stammen aus dem alten Gysenberger Wappen. Durch Johan v. Gysenberg, der um die Mitte des 17. Jahrhunderts Anna Maria Raitz von Frentz heiratete, kam das goldene Kreuz in Schwarz zunächst ins Gysenberger und mit diesem in das Westerholter Wappen.

Der Herzschild ist ebenfalls geviert und zeigt im ersten und vierten Platz das schwarz-silberne Wappen von Westerholt, gespalten und zweimalig geteilt, im zweiten und dritten Platz ein silbernes Nesselblatt auf Rot; hier belegt mit drei blauen Nägeln. Es ist dies das Wappen des Geschlechtes, das nach dem Schlosse und der Herrschaft Lembeck benannt ist. Das »Nesselblatt« ist hierbei eigentlich ein Kunstwort und ohne Zusammenhang mit der Pflanzenwelt. Schon seit dem hohen Mittelalter hat sich das Bild von seinem Ursprung, einem gezackten Schildrand, freigemacht. Diese Figur wurde im Laufe der Zeit immer stärker deformiert, so dass ihre Dreieckzipfel, wie bei unserem Berger Beispiel, sogar zu »Nägeln« wurden (gelegentlich zu solchen vom »Kreuze Christi«). Bei dem Lembecker auf den Grabmälern in der dortigen Pfarrkirche Jahrhundert) kommen diese »Nägel« noch nicht vor.

Bei dem Stadtwappen ist die Gesamtfläche des Schildes ebenfalls geviert. Der erste Platz (rechtes Obereck) zeigt in Schwarz eine silberne Kirche mit Mittelturm (Altstadtkirche). Dieser ist vierteilig und besteht aus dem Turmbau mit schwarzer Toröffnung, dem trapezförmigen Dach, dem Turmaufsatz mit zwei schwarzen Schallöffnungen sowie der Turmspitze mit Kugel. Links und rechts vom Turm befinden sich im Kirchenschiffe je zwei schwarze Fensteröffnungen.

Nach der Erhebung des Dorfes Buer zur »Freiheit« im Jahre 1448 wurde die »Gerichtslinde « in das Freiheitssiegel aufgenommen. Dieser Baum wird seit alters als Zeichen der Autonomie und Selbstbestimmung begriffen. So hatte auch Buer schon immer eine eigene, wenn auch niedere Gerichtsbarkeit, die zwei Bürgermeister ausübten.

Der rote, springende, bezungte und doppelschwänzige Löwe in Platz 3 (rechtes Untereck) ist das Wappen der Herren von der Horst, deren einer, Arnoldus, am 19. August 1282 von dem deutschen König Rudolf I. (von Habsburg) das Recht erhält, vor seiner Burg »im Broiche« (Emscherbruch) eine mit Mauern und Gräben befestigte Stadt zu erbauen, welche Freiheitsrechte wie die Stadt Dortmund haben sollte. Der Löwe ist unter allen Tieren das in der Heraldik am häufigsten verwendete. Es war für eine Zeit wie die des Mittelalters, in der man die ritterlichen Tugenden schätzte, durchaus das rechte Wappenbild. Die Gemeinde Horst selbst hatte kein Wappen; so wählte man bei der Zusammenlegung mit Buer und Gelsenkirchen im Jahre 1928 dieses alte Geschlechterwappen und fügte es dem Wappen der Gesamtstadt hinzu.
Im vierten Platz (linkes Untereck) sieht man Schlegel und Eisen, das alte Bergmannsgezähe, als Zeichen einer ursprünglich vom Bergbau geprägten Großstadt.

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